Vor etwas mehr als einem Jahr, am 01. August 2023, trat die neue Ersatzbaustoffverordnung (EBV) in Kraft. Was sie beinhalten sollte, fassten wir bereits in diesem Post (https://www.reikan-group.com/2023/07/26/august-2023-die-ersatzbaustoffverordnung-kommt/) zusammen. Mineralik-Recycler wie wir setzen gewissen Erwartungen in die Verordnung, um endlich die Neuklassifizierung von bisher als „Abfall“ deklassierten mineralischen Rezyklaten zu beschleunigen. Eine Umfrage mehrere Baustoffverbände fasst nun erste Ergebnisse und Stimmungsbilder zusammen – mit einem eher negativem Fazit.

Zahlen aus der Branchenumfrage von 2024:

220 Mio. t

Abfall

(damit sind mineralische Abfälle die größte Abfallmenge in Deutschland, 2020)

10,5 Mio. t

mineralische Abfälle

in Sachsen (2020)

bis zu 42% weniger

Einsatz von RC-Baustoffen

seit In-Kraft-Treten der EBV

156 Mitgliedsunternehmen nahmen an einer Umfrage des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, des Deutschen Abbruchverbands und weiterer Verbände teil. Die gesamte Auswertung kann man hier nachlesen: https://www.bauindustrie.de/fileadmin/bauindustrie.de/Media/Veroeffentlichungen/Monitoring-Bericht_EBV_final_barrierefrei.pdf

Die EBV – Politisches Druckmittel?

Zur Einschätzung der Umsetzungswirkung der EBV fasst das deutsche Baugewerbe in seiner Pressemitteilung vom 19.08.2024 kurz und knapp zusammen: Die politischen Ziele wurden nicht erreicht durch „…überbordende Bürokratie, keine Schonung von Deponieraum, fehlende Marktakzeptanz für Sekundärbaustoffe“. Dieses negative Fazit bestätigen mehrere Verbände der Bauindustrie und schreiben der Bundesregierung eine schlechte Umsetzungspolitik zu.

Das ist sehr bedauerlich, denn nach 15-jähriger Diskussion vor In-Kraft-Treten der neuen EBV hätten wir uns als Recyclingunternehmen gewünscht, die Ebnung der lange überfälligen politischen Barrieren wäre deutlich vorangeschritten. Aber nach wie vor werden die meisten Ersatzbaustoffe als Abfall klassifiziert, wodurch ihr nachhaltiger Einsatz in der Bauwirtschaft nicht möglich ist. Die meisten Auftraggeber schreckt der Begriff „Abfall“ nach wie vor ab, selbst Länder und Kommunen.

Erschwerend kommt der bürokratische Aufwand hinzu. Dieser erhöht den Zeit- und Kostenaufwand seitens der Unternehmen. Und als Sahnehäubchen kommt dazu, dass die Behörden oftmals zu schlecht informiert sind, um angemessen mit EBV-Vorgaben bzw. den dahinter stehenden Zielsetzungen umzugehen. Dies erfordert wiederum einen erhöhten Aufwand seitens der Recyclingunternehmen wie uns, um Behörden für unsere Ziele in der Kreislaufwirtschaft zu sensibilisieren.

Und nicht zu vergessen die umfangreichen Dokumentationspflichten (des Verwenders), die Unsicherheiten in der Haftungsfrage und die Risikoverlagerung. All das führt dazu, dass noch Primärbaustoffe lieber eingesetzt werden, als sich mit dem bürokratischen Monster für Sekundärrohstoffe rumzuschlagen. Denn noch ist es ja möglich.

Eric Rehbock, Hauptgeschäftsführer des BVSE, fasst zusammen:

„Klar wurde: Die EBV ist weder Top noch Flop, aber ein großer Schritt in die richtige Richtung. Es sind jedoch noch viele Anpassungen nötig. Unsere Branche muss weiterhin aktiv an Lösungen arbeiten, aber die Politik ist deutlich gefragt, zeitnah Anpassungen im Gesetzesrahmen vorzunehmen, um die Akzeptanz für Mineralische Ersatzbaustoffe länderübergreifend zu fördern.“

Das fordern die befragten Verbände:

  • schnelle Umsetzung des Produktstatus aller mineralischen Ersatzbaustoffe
  • Förderung der Marktakzeptanz von Ersatzbaustoffen
  • Reduzierung des Dokumentations- und Bürokratieaufwandes – für Hersteller und Verwender

Unser Fazit: Wir arbeiten weiterhin auf das „Abfallende“ hin

Kreislaufwirtschaft etabliert sich nicht von allein. Und nicht von heute auf morgen – das zeigt auch die langwierig vorbereitete EBV und die schleppende Umsetzung.

Trotz der derzeit noch ernüchternden Ergebnisse der EBV schauen wir weiterhin auf die Chancen, die sich besonders in der Stärkung der Kreislaufwirtschaft, der Förderung von Innovation und Prozessoptimierung sowie der Etablierung und Erhöhung der Nachfrage nach nachhaltigen Baustoffen zeigen.

Ein wichtiger Schritt für diese Umsetzung muss sein, Länder und Kommunen dazu zu verpflichten mit Recyclingmaterialien zu bauen. Und weiter aktiv an der Definition der Bewertung „Abfall“ mit den zuständigen Behörden zu arbeiten.

Sachsen ist zum Glück ein Standort, der das Potential der Kreislaufwirtschaft für seine politische und wirtschaftliche Strategie zumindest erkannt hat. Vielfältige Bestrebungen und Vernetzung zwischen Staat, Wirtschaft und Wissenschaft arbeiten darauf hin, Recyclingprozesse zu optimieren. Wir bei REIKAN sehen uns als Teil davon, um zum Gelingen der EBV aktiv beizutragen.

Published On: 6. Dezember 2024Kategorien: Kreislaufwirtschaft, Mineralik